Jesus Christus „Prüfstein der Religionen“
Kirchen und Gemeinden in Deutschland müssen sich wie nie zuvor mit nichtchristlichen Religionen auseinandersetzen. Dabei kann die von Gerhard Rosenkranz (1896-1983) entwickelte Evangelische Religionskunde entscheidend helfen. Diese Ansicht vertrat Tobias Schuckert bei seiner Antrittsvorlesung als neuer Professor für Interkulturelle Theologie und Religionswissenschaft an der IHL.
Vor vierzig Jahren, am 16. Mai 1983, starb in Calw der Tübinger Professor für Missionswissenschaft und Ökumenische Theologie. Er lebte zuletzt in Calw-Wimberg. Gerhard Rosenkranz, unter anderem Rektor der Universität Tübingen und Träger des Bundesverdienstkreuzes, war ein „heimlicher Gigant der Missionswissenschaft des 20. Jahrhunderts“, sagte Tobias Schuckert. In Tübingen entwickelte der Religions- und Missionswissenschaftler die „Evangelische Religionskunde“: Wer Evangelische Theologie betreiben will, muss sich laut Gerhard Rosenkranz intensiv mit anderen Religionen beschäftigen. Es ging ihm dabei darum, mit den Anhängern der einzelnen Religionen zu sprechen, deren Erfahrungen zu sammeln und die Religionen von deren Kern aus zu verstehen. Durch das intensive Studium mit anderen Religionen entsteht eine Wertschätzung derselben. Gleichzeitig – und darin liegt die Relevanz der Evangelischen Religionskunde – betonte Gerhard Rosenkranz, dass allein Jesus Christus die Offenbarung Gottes ist. Gottes Sohn ist für ihn „Prüfstein“ für alle Religionen. Darin liegt die Aktualität der Evangelischen Religionskunde heute. Sie fordert Christen auf, sich mit den Religionen, deren Inhalten und Leben, auseinanderzusetzen, und bewahrt doch davor, in eine Beliebigkeit zu verfallen, bei der alle Religionen gleich seien. Alle Religionen, so Gerhard Rosenkranz, müssen sich an der Offenbarung Gottes in Jesus Christus messen lassen, „dessen Evangelium allein die Heilsbotschaft für alle Völker ist“. Jesus Christus zu begegnen ist gerade für tiefreligiöse Menschen ein Durchbruch zu dem, was sie in ihrer eigenen Religion zu gewinnen suchen. Denn in ihm ist „Gott und Menschheit“ vereint und die „vollkommene Fülle“ erschienen. „Darin steckt das Vermächtnis des Theologen für uns heute. Angesichts der religiösen Pluralität in Deutschland liegt hier das Überleben von Kirchen und Gemeinden, nämlich in der Verkündigung von Jesus Christus“, sagte Tobias Schuckert.
Henning Wrogemann, Inhaber des Lehrstuhls für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal, bezeichnete in einem Video-Grußwort Tobias Schuckert als profunden Kenner des Buddhismus. Der ehemalige Japan-Missionar zeichne sich dadurch aus, dass er nicht nur den Dialog mit anderen Religionen suche, sondern auch bezeugen wolle, was der christliche Glaube ausmache. Theologen seien angesichts der zunehmenden Pluralität und Säkularisierung, anderer Religionen und Kulturen aufgefordert, „die Schönheit des christlichen Glaubens“ wieder neu deutlich zu machen.
Der Rektor der IHL, Volker Gäckle, freut sich über den Dienstantritt von Tobias Schuckert als Professor: „Für die Internationale Hochschule Liebenzell ist das heute ein Feiertag. Mit Tobias Schuckert haben wir einen Wissenschaftler gewonnen, der uns nicht nur fachlich weiterbringt, sondern auch durch seine freundliche Persönlichkeit und engagierte Mitarbeit die IHL bereichert.“